Meine Erfahrungen - Teil01

  Da ich schon immer die frühen Morgenstunden geschätzt habe, ist die Zeit weit vor 6 Uhr genau richtig für mich. Da sind auch keine Störungen zu erwarten! 15 - 20 Minuten plane ich für die Dauer meiner Metta ein. Und der gute Ort ist natürlich mein IKEA-Lieblingsstuhl mit Fußhocker. Außerdem war mir auch von Anfang an wichtig, die 4 Wünsche oder Sätze über lange Zeit nicht zu verändern.
    Ich druckte mir die 4 Wünsche mit schöner Schrift auf dickes Papier aus und begann zu lesen... Nach jeder Runde wurde der abgelesene Text immer mehr zu einem monotonen Murmeln, wobei der Sinngehalt verloren ging. Ich hielt mich noch an der Uhr fest und brach dann nach 10 Minuten ab. Am nächsten Tag ein neuer Versuch mit dem gleichen Mißerfolg. Da war mir klar, daß ich den Text auswendig lernen mußte. Fleißarbeit war angesagt! Wie in frühen Schultagen paukte ich den Text. Doch am nächsten Tag war der Text wieder weg; nicht mal der Anfang gelang mir. Also üben, üben, üben...

Und dann habe ich es doch geschafft...

    Nach einigen Wochen kam plötzlich der Durchbruch: Ich bemerkte ES redete von selbst! Auf einmal konnte ich mir selber zuhören, meine Stimme wahrnehmen, darauf achten, was der Inhalt der Sätze ist. Ich spürte eine große Befreiung; es tat sich ein richtiger Freiraum auf. Wie bei "Meiner Metta" beschrieben dienten mir die gesprochenen Sätze als Geländer, an dem ich mich festhalten konnte und das mir eine Richtung vor gab.
    Es ist genau dieser Freiraum, der sich jetzt immer nach kurzer Zeit entfaltet, begleitet von einer tiefen Entspannung: Ich beginne immer tiefer zu gähnen, eine Tiefe, die mich wirklich überrascht. Tränen rinnen mir über die Wangen, meine Nase läuft und im Bauch beginnt es zu rumoren... Klingt meine Stimme am Anfang noch durch die Luft wie angeschoben, so fließt die Luft immer mehr in die Worte hinein und die Tonlage wird tiefer.

Der Freiraum heißt mich willkommen...

    Der Freiraum lädt mich geradezu ein, mich selber zu spüren, wie ich sitze, wie sich mein Gewicht auf dem Sessel verteilt, wie ich einatme, ich nehme die Leere der Pausen wahr und fühle mich eingehüllt in meiner momentanen Stimmung, falle aber nicht hinein, weil meine Befindlichkeit sich schon beim nächsten Satz verändert...
Oft triggert ein Satz ein inneres Bild, ein mit dem Satz verbundenes Erlebnis, eine Sehnsucht springt mich an oder ich kann einen Wunsch tief in mir spüren. ES spricht dann einfach weiter und ich kann bei mir verweilen... Und wieder helfen die gesprochenen Sätze mich nicht zu verlieren und halten den Freiraum.

Ich bin nicht alleine...

  Nach einigen "Runden" entfalten die 4 Sätze - es sind ja Herzenswünsche - ihre wohlwollende Wirkung. Es kehrt eine Ruhe ein, eine schöne Leichtigkeit und die Zeichen der Entspannung (Gähnen usw.) signalisieren mir, daß ich nicht alleine bin: Da begleitet mich jemand, da antwortet jemand, mein Körper? mein Unbewußtes? ein Gegenüber? Und etwas total Faszinierendes zeigt sich: Ich kann mit diesem Gegenüber ins Gespräch kommen!(Fußnote...Gendlin, Untere, Focusing)

Ich wünsche uns allen...

   So nach 15-20 Minuten wandert mein Blick automatisch in Richtung Uhr. Das ist ein gutes Zeichen, es genügt. Die letzte Runde meiner Sätze spreche ich dann ganz bewußt in der WIR-Form: Ich wünsche uns allen, daß wir sicher und geborgen sind...